Otto Lummer

Wohl nur selten läßt sich der Beginn einer Umwälzung in unserem wissenschaftlichen Weltbild so genau datieren wie der Ursprung der Quantenphysik vor hundert Jahren: Am 19.Oktober 1900 trug der Gelehrte Max PLANCK im Berliner Kolloquium der Deutschen Physikalischen Gesellschaft "über eine Verbesserung der WIENschen Spektralgleichung" vor,einer mathematischen Formel zur korrekten Beschreibung der elektromagnetischen Strahlung eines schwarzen Körpers, zu deren Begründung er eine Hypothese erfinden mußte, welche sich radikal unterschied von der jahrhundertealten Auffassung, daß die Natur "keine Sprünge mache", wie es Isaac NEWTON ausgedrückt hatte1.

Die von Planck neu eingeführte Naturkonstante, das Plancksche Wirkungsquantum h, ist ein Maß für die Diskontinuität der physikalischen Erscheinungen und löste eine Revolution in der Naturphilosophie aus2, deren Auswirkungen in Wissenschaft und Technik über unsere Zeit hinaus reichen. Das Wort "QUANTENSPRUNG" ist bereits Bestandteil der Alltagssprache als Synonym für substantielle, schnelle Veränderungen geworden.

Portät Otto Lummer
Portät von Otto Lummer7

Einer der Wegbereiter dieser Quantenrevolution, für den eher konservativen Planck damals mehr eine "regelrechte Verzweiflungstat"3, war der aus Gera stammende Physiker Otto LUMMER (1860-1925), dessen Namen nebst ausführlichem Beitrag man bereits in "Meyers Großem Konversations-Lexikon" von 1905 findet. Seine Lebensdaten sind dort wie folgt zusammengefaßt4:

"Lummer,Otto, Physiker,geb. 17.Juli 1860 in Gera,studierte seit 1880 in Berlin, wurde 1884 Assistent am Physikalischen Institut in Berlin unter Helmholtz, siedelte mit diesem an die Physikalisch-technische Reichsanstalt in Charlottenburg über und wurde daselbst 1889 zum Mitglied, 1894 zum Professor ernannt. 1900 habilitierte er sich in Berlin als Privatdozent....1904 ging er als Professor und Direktor des Physikalischen Instituts nach Breslau..... Durch seine Verwirklichung der "absolut schwarzen" Strahlung erlangte das Gesetz von Kirchhoff über die Absorption und Emission des Lichtes erst seine weitragende Bedeutung und wurde die Temperaturbestimmung der Sonne und irdischer Lichtquellen ermöglicht.........."

Zu ergänzen wäre lediglich: Bis zu seinem Tode am 5. Juli 1925 war Otto Lummer in Forschung und Lehre an der schlesischen Universität in Breslau tätig. Dabei hatte er großen Anteil an der Verbreitung eines neuen Mediums, das in der heutigen Zeit schon wieder fast veraltet ist - der Hörfunk. Am 4. April 1924 gründete er zusammen mit vier Kaufleuten die "Schlesische Funkstunde"5, eine Sendegesellschaft die von Breslau aus, die Bevölkerung erreichen sollte. Am 26. Mai 1924 wurde die erste Sendung ausgestrahlt und bis Ende des Jahres 1924 konnten knapp 40000 Teilnehmer gewonnen werden.6

Die Eltern von Otto Richard Lummer waren der Bäcker Carl Gottfried Lummer (geb. am 15.8.1822 in Gera, gest. am 22.3.1891 in Gera) und Minna Agnes Orlopp (geb. 12.8.1831 in Gera, gest. 22.6.1920 in Gera). Das Geburtshaus befand sich in der Schloßstraße 14, sein Vater war der Besitzer einer anerkannten Bäckerei. Der Sohn besuchte die 1867 begründete Realschule I.Ordnung (seit 1883 Realgymnasium Gera) am Nicolaiberg und legte im März 1880 ein glänzendes Abitur ab. Einige Zeit schwankte er bei der Studienwahl zwischen den Naturwissenschaften und der Malerei, gab aber ersteren den Vorzug und begann ab 1880 mit dem Studium der Physik und Mathematik, anfangs in Tübingen, dann dauerhaft in Berlin. Stets verstand er sich jedoch auch als ein künstlerischer Mensch, was ihm bei seiner späteren Beschäftigung mit Fragen der physiologischen Optik sehr zugute kam.


  1. PLANCK,M.: Über eine Verbesserung der Wienschen Spektralgleichung.-Verh. Dt. Phys. Ges., 2, 202-204 (19.10.1900)
  2. KUHN,T.S.: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen.-Frankfurt/M.,1967
  3. SEGRE,E.: Die großen Physiker und ihre Entdeckungen.-München,1997, S. 549
  4. MEYERS Großes Konversations-Lexikon.-Leipzig, 1905, S. 841
  5. STIFTUNG Deutsches Rundfunkarchiv (Hrsg.): Auszug aus Leonhard, J.-F.:"Programmgeschichte des Hörfunks in der Weimarer Republik", Band 1, Deutscher Taschenbuch Verlag, München, 1997 , http://www.dra.de/rundfunkgeschichte/radiogeschichte/organisation/pdf/programmgeschichte-auszug.pdf , Abruf: 2009.09.12 , S. 14ff
  6. STIFTUNG Deutsches Rundfunkarchiv (Hrsg.): "Schlesischer Sendebezirk 1924-1933", http://www.dra.de/rundfunkgeschichte/radiogeschichte/organisation/pdf/SCHLES_1924-1933.pdf, Abruf: 2009.09.12, S. 1
  7. EUCKEN, A. (Hrsg.), LUMMER, O. (Hrsg.), WAETZMANN, E. (Hrsg.): "Müller-Pouillets Lehrbuch der Physik", 11. Auflage, Zweiter Band, Lehre von der strahlenden Energie (Optik), Erste Hälfte, Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn Akt.-Ges., Braunschweig, 1926